Lasst uns die Verschwendung von Lebensmitteln reduzieren (aktualisiert 2017) | Eufic

Lasst uns die Verschwendung von Lebensmitteln reduzieren (aktualisiert 2017)

Zuletzt aktualisiert : 19 July 2017
Inhaltsverzeichnis

    Jeden Tag werden große Mengen Lebensmittel verschwendet. Die Reduzierung der Lebensmittelverschwendung würde Geld und natürliche Ressourcen sparen und dazu beitragen, Bedürftige zu ernähren. Im Wissen um dieses globale Thema ist EUFIC der SAVE FOOD Initiative beigetreten, um auf die Verschwendung von Lebensmitteln aufmerksam zu machen, auf deren Auswirkungen und Lösungen.

    Was für eine Verschwendung!

    Jedes Jahr werden in der EU ca. 88 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. In den Ländern Europas, wo es Lebensmittel im Überfluss gibt, stammt ein Großteil aus den privaten Haushalten (47 Millionen Tonnen!),1 aber Lebensmittel werden auf allen Stufen der Nahrungskette verschwendet - von den Herstellern, den Verarbeitern, dem Einzelhandel und den Caterern.1 

    Durch die Verschwendung von Lebensmitteln werden wertvolle Ressourcen vernichtet, die in der Lebensmittelproduktion eingesetzt werden (Wasser, Energie, Arbeit, Geld), und zusätzlich wird CO2 in den verrottenden Mülldeponien erzeugt, was wiederum erheblich zum Klimawandel beträgt. Wäre die Lebensmittelverschwendung ein Land, dann wäre sie der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO zufolge der drittgrößte Erzeuger von CO2 nach den USA und China.2

    Die Lebensmittelverschwendung wirft auch ethische Bedenken auf, denn wertvolle Nährstoffe und Kalorien werden aus dem globalen Angebot entfernt, während annähernd 1 Milliarde Menschen unter- oder fehlernährt sind.3

    Die Verringerung der Lebensmittelverschwendung steht ganz oben auf der Agenda von globalen und EU-Institutionen. Die Europäische Kommission hat sich zur Einhaltung nachhaltiger Entwicklungsziele verpflichtet, um die Lebensmittelverschwendung auf Einzelhandels- und Verbraucherebene bis 2030 zu halbieren.4 Dieses Ziel erfordert konzertierte Anstrengungen der gesamten Nahrungsmittelkette, einschließlich uns in unserem Zuhause.5

    Warum werden Nahrungsmittel verschwendet?

    Bei der Herstellung und im Einzelhandel

    Meistens ist die Verschwendung bei der Herstellung technischer Natur, die von einer Überproduktion, deformierter oder beschädigter Ware herrührt. Der Groß- und Einzelhandel steht logistischen Herausforderungen gegenüber, wie z.B. Lagerwirtschaft (erwartete Nachfrage und korrekte Lagerung), Einhaltung der erwarteten Produktqualität und die Koordination zwischen den Sektoren. Der Einzelhandel verspürt Druck, ein großes Angebot in den Regalen zu haben und bietet eine große Auswahl an Produkten und Marken, um die Kunden zufriedenzustellen.

    Beim Catering und zu Hause

    Die Haushaltsabfälle werden beeinflusst vom Klima, dem sozioökonomischen Status und der Kultur (z.B. der Brauch, großzügig mehr Speisen zuzubereiten als gegessen werden können).

    Eine Hauptursache von vermeidbarer Verschwendung sind Essensreste auf dem Teller oder Reste, die beim Kochen übrig bleiben oder Lebensmittel, die nicht rechtzeitig verwendet werden.6 Zu den am häufigsten verschwendeten Lebensmitteln zählen Getreideprodukte (z.B. Brot), frisches Obst, Gemüse und Knollenfrüchte (z.B. Kartoffeln).3 Hier bezieht sich die Verschwendung hauptsächlich auf unser fehlendes Bewusstsein und fehlende praktische Fertigkeiten in der Lagerung und Verwertung von Lebensmitteln - schlechte Planung, Einkauf zu großer Mengen, große Packungen.6 Auch die Unsicherheit bezüglich der Datumsangaben bleibt ein Problem. So wird beispielsweise ein Drittel der Lebensmittel in Großbritannien und Irland vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum weggeworfen.7,8,

    Mehr Wissen und bessere Lagerungspraktiken könnten zur Reduzierung von Verschwendung beitragen (siehe auch unsere Fragen & Antworten zu den praktischen Tipps), es bedarf aber weiterer Forschung auf Länderebene, um gezielte Vermeidungsstrategien bekannt zu machen.

    Die Verschwendung von Lebensmitteln angehen

    Die EU-Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle räumt der Abfallreduzierung Priorität ein, gefolgt von der Wiederverwendung, dem Recycling und der Wiederaufbereitung und Entsorgung als allerletzte Maßnahme.10 Den Bemühungen um die Abfallreduzierung folgen die Umverteilung von genießbaren Lebensmitteln als erstes an Menschen, dann an Tiere und die Industrie.

    ‘SAVE FOOD’ ist eine globale Initiative der FAO, die die Umsetzung von Projekten und Initiativen zur Reduzierung von Lebensmittelverschwendung auf nationaler und regionaler Ebene unterstützt. In ganz Europa werden damit über hundert Initiativen unterstützt, darunter die Awareness Raising Campaign (Kampagne zur Bewusstseinsbildung) des EUFIC.11 

    Lebensmittelverschwendung messen

    Mit standardisierten nationalen Methoden zur Messung von Verschwendung könnte besser erkannt werden, wo die meisten Lebensmittel verschwendet werden, und gezielte Vermeidungsstrategien könnten erleichtert werden.1 Es fehlen jedoch standardisierte Daten, insbesondere im Landwirtschafts-, Verarbeitungs-und Einzelhandelssektor. Auch Prüfungen zur Feststellung, wo Lebensmittel verloren gehen, würden die Effizienz erhöhen und gleichzeitig einen wirtschaftlichen Anreiz bieten.12

    Bewusstseinsbildung und Aufklärungskampagnen

    Vielen ist oftmals gar nicht bewusst, wie viele Lebensmittel verschwendet werden und welche Auswirkungen dies auf die Umwelt und ihren Geldbeutel hat. Die Sammlung von Lebensmittelabfällen könnte für die Umwelt von Nutzen sein (durch deren Wiederverwendung anstatt sie auf die Mülldeponie zu werfen), und die Trennung von Lebensmittel- und anderen Abfällen schafft ein Bewusstsein für die Menge, die weggeworfen wird. Die Auswirkungen der Sammlung von Lebensmittelabfällen auf das Bewusstsein und die Abfallreduzierung müssen noch durch Zahlen belegt werden.6 

    Viele Kampagnen und Initiativen versuchen, die Leute dazu zu bewegen, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren und bieten praktische Lösungen an - für Privathaushalte und den Einzelhandel, auf lokaler oder nationaler Ebene, Aufklärungsinitiativen und Bewusstseinskampagnen. Zum Beispiel:

    • Die in Großbritannien laufende WRAP (Waste & Resources Action Programme, Aktionsprogramm für Abfall und Ressourcen)-Kampagne „Love Food, Hate Waste“ (etwa: „Wer Essen liebt, hasst Verschwendung“) hat 2015 gegenüber 2007 einen Rückgang um 17% des vermeidbaren Haushaltsabfalls verzeichnet.13 WWRAP hat festgestellt, dass die Leute, die Einkaufslisten erstellen und kontrollieren, welche Lebensmittel sie vorrätig haben, weniger verschwenden als „Spontankäufer“.8 Die Leute werden bestärkt, Essensreste und Lebensmittel, die kurz vor dem Ablaufen sind, in neuen Rezepten zu verwenden. Die Schaffung von Bewusstsein auf Verbraucherebene kann auch das Bewusstsein in der Lieferantenkette erhöhen.
    • 2009 führte die zuständige Umweltbehörde von Brüssel (Bruxelles Environnement) bei 1000 Kochkursteilnehmern Schulungen zur Abfallreduzierung durch.6 TDas Europäische Parlament hat empfohlen, diese praktische Schulung in die Lehrpläne der Schulen aufzunehmen.4 Ähnliche Schulungsmaßnahmen gibt es im Gastgewerbe, wo den Caterern beigebracht wird, wie sie Abfälle auf ein Minimum senken können, indem sie die Nachfrage vorausberechnen können z.B. durch Reservierungen und Kundenumfragen.6 
    • Eine freiwillige dänische Initiative, Stop Wasting Food (etwa: Keine Lebensmittelverschwendung mehr) bietet Beratung zur Vermeidung von Verschwendung und fördert eine bessere Haushaltsplanung und bessere Einkaufsmuster.3 Sie hat zwischen 2010 und 2015 zu einem 25%igen Rückgang der Lebensmittelverschwendung beigetragen.14 Die Initiative unterstützt Supermarktketten beim Aufbau von verschwendungsreduzierenden Strategien und hat Behälter für Essensreste, sog. „Doggy Bags“, in über 300 Restaurants eingeführt, eine in der EU zunehmend beliebter werdende Praxis.

    Datumsangaben – Quelle der Information oder der Verwirrung?

    Auf Lebensmitteletiketten finden sich etliche Datumsangaben: „mindestens haltbar bis“, „zu verbrauchen bis“, „zu verkaufen bis“, „auszulegen bis“, die aber nicht einheitlich verwendet werden.

    Derzeit definiert das Gesetz zur Lebensmittel-Kennzeichnung für die Verbraucher das „Verbrauchsdatum“ als Sicherheitsindikator für leicht verderbliche Lebensmittel. Nach diesem Datum gelten diese als unsicher und sollten nicht mehr verzehrt werden, selbst wenn sie noch gut aussehen.10,15 Das „Mindesthaltbarkeitsdatum“ ist ein Qualitätsindikator. Nach dem Mindesthaltbarkeitsdatum ist das Produkt höchstwahrscheinlich nicht verdorben, aber die Qualität (Geschmack, Beschaffenheit usw.) könnte beeinträchtigt sein.

    Wenn erforderlich, muss neben dem Datum auch ein Hinweis zu den Lagerungsbedingungen angebracht sein. Hinweise zum Einfrieren sollten harmonisiert werden, damit die Verbraucher Lebensmittel sicher und ohne Bedenken einfrieren können.15

    Ungenießbar – oder nur ungewollt?

    Genießbare Lebensmittel, die aufgrund ihres Aussehens ungewollt sind, werden häufig weggeworfen. Die europäischen Gesetze zur Obst- und Gemüsequalität wurden mittlerweile gelockert, so dass nun auch Produkte verkauft werden dürfen, die weniger schön aussehen3,aber die Kunden kaufen sie möglicherweise nicht gerne. Mit Kampagnen wie ‘Inglorious Fruits and Vegetables’ (Intermarché, Frankreich) und ‘Wonky Veg’ (Behälter in der Form von „unansehnlichem“ Gemüse) (Asda, Großbritannien) wird versucht, den „Schönheitsbegriff“ zu verändern..

    Preisnachlässe für Lebensmittel, die leicht beschädigt oder kurz vor dem Verfallsdatum sind, tragen ebenfalls dazu bei, Lebensmittelverschwendung zu reduzieren.5 Innovative Apps wie ‘No Food Wasted’ (etwa: „Kein Lebensmittel wird verschwendet“) in den Niederlanden ‘Food Loop’ in Deutschland und  ‘Too Good to Go’ (etwa: „zu gut zum Wegwerfen“) in Großbritannien bringen Kunden mit Supermärkten und Restaurants zusammen, und machen sie aufmerksam auf aktuelle Angebote und überschüssige Lebensmittel, die abgegeben werden können.

    Etliche Länder (z.B. Österreich, Dänemark, Italien, Spanien, Großbritannien) haben erfolgreiche Lebensmittelbankprogramme, mit denen überschüssige Lebensmittel aus den Einzelhandelsgeschäften oder anderen Verkaufsstellen (z.B. Discounter oder regionale Märkte) zu bedürftigen Menschen gebracht werden. Sozialunternehmen wie ‘Food Cloud’ (Irland) und ‘Buon fine’ (Italien) bringen den Einzelhandel in Kontakt mit den Wohltätigkeitsorganisationen. Frankreich war 2017 das erste Land, das ein landesweites Verbot für Supermärkte für das Wegwerfen von Lebensmitteln, die noch genießbar waren, erließ. Stattdessen müssen die Lebensmittel einer Wohltätigkeitsorganisation gespendet werden.16 

    Einsparungen auf ganzer Linie

    Solange wir keine besseren Lösungen finden, wird die Lebensmittelverschwendung mit dem Bevölkerungswachstum, der Nachfrage nach Lebensmitteln und dem wachsenden Wohlstand zunehmen.6 Die Einstellung „Keine Lebensmittelverschwendung“ schlägt sich nicht nur in unserem Geldbeutel nieder, sondern kommt auch, was viel wichtiger ist, unserer Umwelt und der globalen Wirtschaft zugute. Wir alle müssen hier einsteigen, jeder einzelne Beitrag zählt.

    Weitere Informationen

    1. Love Food Hate Waste (Großbritannien)
    2. Too Good to Waste (Großbritannien)
    3. Wonky veg boxes (Großbritannien)
    4. FoodWaste (Irland)
    5. Stop Food Waste (Irland)
    6. Inglorious fruits & vegetables (Frankreich)
    7. Stop Spild Af Mad (Dänemark)
    8. Eten Is Om Op Te Eten (Niederlande)
    9.  Slang Inte Maten (Schweden)