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Der Weg zu einer nachhaltigeren Ernährung

Zuletzt aktualisiert : 19 April 2018
Inhaltsverzeichnis

    Man geht davon aus, dass bis 2050 mehr als 9 Milliarden Menschen auf der Erde leben werden. Der Bevölkerungsanstieg geht mit einer wachsenden Nachfrage nach Nahrungsmitteln einher.1 Darüber hinaus konsumieren viele von uns, insbesondere in wohlhabenden Regionen, mehr Nahrungsmittel als wir brauchen. Außerdem ist unsere Ernährung reich an tierischen Produkten. Beides zusammen hat stark negative Auswirkungen auf die Umwelt.2,3 Um künftige Generationen mit ausreichend Nahrung versorgen zu können und gleichzeitig die Auswirkungen auf die Umwelt zu verringern, müssen wir uns auf eine nachhaltigere Lebensmittelproduktion umstellen und unser Essverhalten ändern.1

    Laut Definition der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) ist nachhaltige Ernährung umweltverträglich, sie befolgt die aktuellen Ernährungsrichtlinien und ist gleichzeitig bezahlbar, verfügbar und mit der Kultur vereinbar.4 Was müssen wir jedoch ändern, wenn wir diese Vision realisieren wollen?

    Umweltauswirkungen der Lebensmittelproduktion

    Das derzeitige Lebensmittelproduktionssystem wird als eine der Hauptursachen für Umweltschäden, einschließlich Klimawandel und Verlust von Bodenschätzen, angesehen.5 Allein auf die Landwirtschaft entfallen bis zu 30 % der von Menschen erzeugten Treibhausgasemissionen und 70 % unseres Wasserverbrauchs.3,6 Sie ist der Hauptgrund für Abholzung, Umwidmung von Landnutzung, Verlust von Biodiversität sowie die Hauptursache für Wasserverschmutzung und Trinkwasserverbrauch.6 Auch andere Aktivitäten, die mit der Lebensmittelproduktion und dem Lebensmittelkonsum verbunden sind, beispielsweise die Aufzucht von Tieren, Transport, Verpackung und Lebensmittelverschwendung, sind ebenfalls für die Umweltauswirkungen verantwortlich. Der Aufbau eines nachhaltigen Lebensmittelproduktionssystems und die Reduzierung von Lebensmittelabfall und -verschwendung sind bedeutende globale Herausforderungen, die die gestiegene Nachfrage nach Lebensmitteln bewältigen und dazu beitragen könnten, ausreichend nahrhafte Nahrung für alle Menschen auf nachhaltige Weise zu produzieren.

    Die drei Säulen einer nachhaltigen Ernährung

    Es mag am Anfang schwierig sein zu entscheiden, welche Maßnahmen man als Einzelner ergreifen sollte, wenn man sich gesund und nachhaltig ernähren möchte. Bei aller Komplexität gibt es drei Dinge, die jeder auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Ernährung ändern kann: weniger konsumieren, weniger verschwenden und den Verbrauch von tierischen Produkten zugunsten von pflanzlichen Alternativen reduzieren. 

    Weniger konsumieren

    Es herrscht ein weltweiter Trend zum Überkonsum, obwohl viele Menschen in aller Welt weiterhin Hunger leiden. Während Überkonsum aus historischer Sicht in entwickelten Ländern schon immer ein Problem gewesen ist, ist dies nun ein wichtiges Thema in den Entwicklungsländern, vor allem in Schwellenländern wie China und Brasilien. Überkonsum trägt dazu bei, dass immer mehr Menschen übergewichtig und fettleibig sind, während er gleichzeitig für einen unnötigen Anstieg der Nachfrage nach einer größeren Produktion von Feldfrüchten und Nutztieren mit den damit verbundenen Umweltauswirkungen verantwortlich ist.7 Eine Senkung unserer gesamten Energiezufuhr, vor allem in Ländern mit hohem Konsum, würde sowohl die Umwelt als auch die Bevölkerung gesunden lassen.

    Weniger verschwenden

    In Europa werden laut Schätzungen 88 Millionen Tonnen Lebensmittel pro Jahr weggeworfen. Lebensmittelverschwendung findet in allen Phasen der Nahrungskette in der Produktion, Verarbeitung, im Einzelhandel und bei Catering-Firmen und Restaurants statt. Die meisten Lebensmittel, in Europa ca. 53 %, werden jedoch in Privathaushalten verschwendet.8 Die Herstellung von Lebensmitteln, die dann weggeworfen werden, bedeutet unnötige Verschwendung von Land, Wasser, Arbeitskraft und Energie sowie ein sinnloser Beitrag zu den Treibhausgasemissionen. Würde man die Lebensmittelverschwendung mit einem Land gleichsetzen, wäre sie der drittgrößte Erzeuger von CO2, gleich hinter den USA und China!9

    Weniger tierisch, mehr pflanzlich

    Generell werden für die Produktion von tierischen Lebensmitteln mehr Ressourcen verbraucht als für pflanzliche Lebensmittel, und die Umweltauswirkungen sind größer (Landnutzung, Trinkwasserverbrauch und CO2-Emissionen je Tonne konsumiertem Eiweiß).7 Tierische Produkte haben eine unterschiedliche Umweltauswirkung. Beispielsweise entsteht bei der Produktion von 1 kg Rindfleisch 7-mal mehr CO2 als bei derselben Menge Hühnerfleisch.10 Insekten, eine beliebte Nahrungsquelle außerhalb Europas, werden auch als Eiweißquelle in Betracht gezogen, da weniger Treibhausgasemissionen erzeugt und weniger Ressourcen notwendig sind als für die herkömmliche Tierhaltung, um eine ähnliche Eiweißmenge zu erzeugen.11 Nachhaltige tierische Produkte wie Geflügel, nachhaltig aufgezogene Fische oder Insekten, ein reduzierter Verbrauch von tierischen Produkten wie Fleisch, Milchprodukten und Eiern im Allgemeinen und die Einplanung von mehr pflanzlichen Produkten wie Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte sind die richtigen Schritte auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Ernährung.7 Eine Ernährung mit einem hohen Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln wird auch mit einem geringeren Risiko, an Bluthochdruck, Schlaganfall, Typ-2-Diabetes und bestimmten Krebsarten zu erkranken, verbunden.12

    Menschen, die sich entscheiden, tierische Produkte völlig aus ihrem Speiseplan zu streichen, können sich durch eine vegetarische oder vegane Ernährungsweise ausreichend mit Eiweiß versorgen, wenn die Nahrungsmittel aus unterschiedlichen Quellen stammen. Die Vielfalt der Quellen ist wichtig, da einige Nährstoffe, einschließlich Eiweiß und essenzieller Aminosäuren, im Vergleich zu Fleisch oder Fisch in pflanzlichen Lebensmitteln in kleineren Mengen vorkommen. Daher kann ein Mangel bei einem Lebensmittel durch ein anderes ausgeglichen werden.12 Das von der EU finanzierte Projekt Protein2Food arbeitet an der Erzeugung innovativer pflanzlicher Produkte mit höherem Eiweißgehalt bzw. hochwertigerem Eiweiß. In Zukunft könnten diese Produkte eine attraktive Alternative zu eiweißhaltigen Lebensmitteln für Menschen darstellen, die bereit sind, mehr pflanzliche Lebensmittel in ihre Ernährung aufzunehmen, um eine nachhaltigere, aber ebenso nahrhafte ausgewogene Ernährung zu erzielen.

    Nachhaltige Ernährung: kein leichtes Konzept

    Die Zusammenstellung einer nachhaltigen Ernährung erfordert ständiges Abwägen. Beispielsweise mögen regional angebaute Lebensmittel als nachhaltig erscheinen. Sie sind es aber nur, wenn die Produkte gerade dort Saison haben, wo wir leben. Das liegt daran, dass für den Anbau von Obst und Gemüse in beheizten Treibhäusern im Winter wesentlich mehr Energie verbraucht wird als für den Transport aus wärmeren Ländern.13

    Gleichermaßen ist nicht immer alles gut für die Umwelt, was gut für die Gesundheit ist. Die Vorzüge des Verzehrs von Fisch, insbesondere aufgrund des Gehalts an Omega-3-Fettsäuren, sind beispielsweise gut dokumentiert. Die Überfischung und Dezimierung einiger Fischbestände sind jedoch bereits zum Problem geworden, und wenn wir alle unseren Fischverzehr entsprechend der Ernährungsrichtlinien erhöhen würden, könnte sich die Situation weiter zuspitzen. Es wird die Entwicklung von Ölsaaten mit höheren Anteilen an Omega-3-Fettsäuren erforscht, und Hühnerfleisch, das mit Omega-3-Fettsäuren angereichert wurde, wird bereits in den Supermärkten angeboten. Diese innovativen Produkte könnten dazu beitragen, dass wir unseren Bedarf an Nährstoffen erreichen, ohne unsere Ozeane aus dem Gleichgewicht zu bringen. In der Zwischenzeit können wir uns alle dafür entscheiden, Fisch zu konsumieren, der aus „nachhaltiger Beschaffung“ stammt.13

    Mit kleinen Schritten zum großen Ziel

    Egal, welcher Ansatz zur nachhaltigen Ernährung verfolgt wird, die Änderungen müssen realistisch sein. Selbst kleine Änderungen können auf globaler Ebene in Bezug auf die Reduzierung der Umweltauswirkungen des Lebensmittelverbrauchs äußerst wirksam sein. Beispielsweise eine vegetarische oder flexitarische Ernährung (d. h. die bewusste Reduzierung von tierischen Produkten und der Ersatz durch pflanzliche Alternativen), bei der Fleisch von Wiederkäuern (z. B. Rindfleisch) durch Schwein, Geflügel oder Insekten ersetzt wird, deren ökologischer Fußabdruck kleiner ist, und die Wahl von nachhaltig beschafftem Fisch und Meeresfrüchten, sind kleine Schritte, die dennoch eine enorme Wirkung in Bezug auf die globale Umweltverträglichkeit unserer Ernährung haben können.3,14

    Wenn Sie weitere praktische Tipps für eine nachhaltige Ernährung wünschen, klicken Sie hier.

    Verweise

    1. Godfray, H. C. J. et al. Food security: the challenge of feeding 9 billion people. Science 327, 812–8 (2010).
    2. Alexandratos, N. & Bruinsma, J. The 2012 Revision World agriculture towards 2030/2050: the 2012 revision. (2012).
    3. Aleksandrowicz, L., Green, R., Joy, E. J. M., Smith, P. & Haines, A. The Impacts of Dietary Change on Greenhouse Gas Emissions, Land Use, Water Use, and Health: A Systematic Review. PLoS One 11, e0165797 (2016).
    4. Burlingame, B. Sustainable diets and biodiversity. Directions and solutions for policy, research and action. IOM Sustainable Diets (2012).
    5. Vermeulen, S. J., Campbell, B. M. & Ingram, J. S. I. Climate Change and Food Systems. Annu. Rev. Environ. Resour. 37, 195–222 (2012).
    6. Whitmee, S. et al. Safeguarding human health in the Anthropocene epoch: report of The Rockefeller Foundation–Lancet Commission on planetary health. Lancet 386, 1973–2028 (2015).
    7. Ranganathan, J. & Vennard, D. Shifting Diets for a Sustainable Food Future. Working Papers (2016).
    8. Stenmark, A., Jensen, C., Quested, T. & Moates, G. Estimates of European food waste levels. Fusions (2016).
    9. Food and Agriculture Organization. Food wastage footprint & Climate Change. (2015).
    10. Carlsson-Kanyama, A. & González, A. D. Potential contributions of food consumption patterns to climate change. Am. J. Clin. Nutr. 89, 1704S–1709S (2009).
    11. Smetana, S., Palanisamy, M., Mathys, A. & Heinz, V. Sustainability of insect use for feed and food: Life Cycle Assessment perspective. J. Clean. Prod. 137, 741–751 (2016).
    12. Craig, W. J. Nutrition Concerns and Health Effects of Vegetarian Diets. Nutr. Clin. Pract. 25, 613–620 (2010).
    13. Garnett, T. What is a sustainable healthy diet? (2014).
    14. de Bakker, E. & Dagevos, H. Reducing Meat Consumption in Today’s Consumer Society: Questioning the Citizen-Consumer Gap. J. Agric. Environ. Ethics 25, 877–894 (2012).