Neue Genomtechniken: Was sind sie und wie können sie unsere Lebensmittelsysteme verbessern? | Eufic

Neue Genomtechniken: Was sind sie und wie können sie unsere Lebensmittelsysteme verbessern?

Zuletzt aktualisiert : 20 June 2025
Inhaltsverzeichnis

    Die EU-Kommission hat ihren Entwurf für eine reformierte Verordnung über Neue Genomische Techniken (NGT) veröffentlicht. Dieser Artikel erläutert, was man unter NGTs versethtund wie sie eingezetzt werden bzw. eingeseztz werden könnten, um die landwirtschaftliche Produktion nachhaltiger zu gestalten. Dabei werden auch potenzielle Risiken, Unsicherheiten sowie Vorschläge für die Regulierung von NGT-Produkten thematisiert.

    Was sind neue Genomtechniken und wie unterscheiden sie sich von traditionellen Züchtungsmethoden?

    Neue Genomtechniken (NGTs) oder Genom-Editierungs-Techniken sind Methoden zur Erzeugung gezielter Mutationen (Mutagenese) im Genom lebender Organismen. Ein Beispiel ist die 20122 eingeführte „Gen-Schere“ CRISPR/Cas9, die eine präzise Bearbeitung von DNA auf der Ebene einzelner Basen (einzelne Einheiten oder „Buchstaben“ des genetischen Codes) ermöglicht. Obwohl die durch NGTs resultierende Pflanze oder das Tier nicht immer von konventionell gezüchteten Organismen unterscheidbar ist, ermöglichen NGTs eine wesentlich schnellere Züchtung von Pflanzen oder Tieren mit gewünschten Merkmalen im Vergleich zu herkömmlichen Methoden (z. B. Kreuzung). Die präzise Bearbeitung durch NGTs führt zu schnellen Ergebnissen innerhalb weniger Generationen. Herkömmliche Züchtungstechniken können dagegen zu unerwünschten oder ungeplanten Nebenmutationen (Off-Targets) führen, die dann wieder entfernt werden müssen.

    Was ist der Unterschied zwischen geneditierten Lebensmitteln und gentechnisch veränderten Organismen (GVO)?

    Ein „gentechnisch veränderter Organismus“ (GVO) kann eine Pflanze, ein Tier oder ein Mikroorganismus sein, dessen Erbanlage biotechnologisch verändert wurde, typischerweise durch die Verpflanzung von Genen mit wünschenswerten Merkmalen von einer Art in eine andere. Dies unterscheidet sich von NGTs, die dazu eingesetzt werden, die vorhandenen Gene eines Organismus gezielt und präzise zu bearbeiten,ohne dass fremdes genetisches Material zu eingefügt wird.

    Gibt es konkrete Beispiele für Lebensmittel, die mit NGTs hergestellt werden?

    In der Europäischen Union gibt es derzeit keine Produktion von Pflanzen oder Tieren unter Verwendung von NGTs, da sie unter strengen Rechtsvorschriften für gentechnologisch veränderte Organismen (GVO) geregelt sind (siehe unten). Importierte Waren wie verarbeitete Lebensmittel und Tierfutter können jedoch einige geneditierte Bestandteile oder Zutaten enthalten. Außerhalb der EU nimmt die Zahl der mit NGTs erzeugten Pflanzen zu — von salztoleranten Reissorten3 über virusresistente Manioksorten4 bis hin zu mit Ölsäure angereicherten Sojabohnen5 —, wobei nur wenige davon bereits auf dem Markt sind. Dazu gehören GABA-Tomaten (Japan), Sojabohnen mit hohem Ölsäuregehalt (USA), Senfblätter (USA) und nicht bräunende Bananen (Philippinen).

    Was sind die Vorteile von NGTs für die Landwirtschaft? Was sind potenzielle Risiken?

    Mit konventionellen Züchtungsmethoden kann es 10 bis 15 Jahre dauern, bis eine neue (Pflanzen-)Sorte marktreif ist. Aufgrund ihrer Präzision sind NGTs viel schneller und ermöglichen es Züchtern, sich rasch an verändernde Bedingungen anzupassen. Angesichts des Klimawandels, der extreme Wetterereignisse und die Ausbreitung von Pflanzenkrankheiten mit sich bringt, werden NGTs zu wertvollen Instrumenten für die Anpassung der landwirtschaftlichen Produktion und die Sicherstellung von Ernährungssicherheit, indem sie den Züchtungsprozess beschleunigen und flexibler gestalten. Darüber hinaus können NGT-Pflanzen höhere Erträge erzielenund einen geringeren Bedarf an Pestiziden6 aufweisen, was nicht nur zu besseren Einkommen der Landwirte, sondern auch zu einer nachhaltigeren Lebensmittelproduktion beiträgt.

    Zu den potenziellen Risiken von NGTs in der Landwirtschaft gehören die unbekannten Auswirkungen auf wilde Verwandte von Nutzpflanzen, d. h. die unbeabsichtigte Freisetzung neuer genetischer Merkmale in die Natur. Während diese Bedenken auch für konventionell gezüchtete Pflanzen weit verbreitet sind, muss die leistungsstarke neue Genomtechnik namens „Gene Drive“ mit Vorsicht untersucht werden, da sie entwickelt wurde, um (absichtlich) ganze Populationen auszulöschen, z. B. Mücken, die den Erreger der Malaria-Erkrankung tragen.7 Wenn ferner NGTs verwendet werden, um herbizidresistente Kulturen zu schaffen, können sie zu einer erhöhten Menge an chemischen Herbiziden führen. Da dies nicht wünschenswert ist, arbeiten viele Forschungsgruppen bereits daran, NGTs zu verwenden, um die eigene Abwehrreaktion der Pflanze zu verbessern, anstatt die Zucht an den Einsatz von Pestiziden zu koppeln.

    Sind Produkte, die aus NGTs gewonnen werden, sicher für den Verzehr?

    Im Allgemeinen gibt es keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass NGTs ein höheres Risiko darstellen als alle anderen Zuchttechnologien.8,9 Veränderungen des genetischen Erbguts treten zwischen Generationen von Pflanzen und Tieren auf natürliche Weise auf. Da NGTs hochspezifische Mutationen an den Genomen von Pflanzen produzieren, die während der Evolution natürlich vorkommen, sind gesundheitliche Auswirkungen von aus NGT gewonnenen Lebensmitteln unwahrscheinlich. Dennoch werden alle Lebensmittel unabhängig von der für ihre Herstellung verwendeten Technologie einer Sicherheitsprüfung unterzogen.

    Wo werden aus NGT gewonnene Pflanzen angebaut?

    Derzeit werden in Europa keine NGT-Pflanzen angebaut. Heute werden mehr als 90 % der mit NGTs erzeugten Pflanzen in Nord- und Südamerika angebaut, aber auch in Entwicklungsländern in Afrika und Südasien werden diese Technologien rasch eingeführt.10 Darüber hinaus bestätigten die Regierungen Kanadas und des Vereinigten Königreichs neue Rechtsvorschriften, die die Produkte der „Präzisionszüchtung“ (d. h. NGTs) aus den restriktiven GVO-Vorschriften streichen, so dass wir in Zukunft wahrscheinlich eine Produktion von NGT-Pflanzen in diesen Ländern sehen werden.

    Wie können wir Produkte regulieren, die mit NGTs hergestellt werden, um nachhaltige Pflanzen zu fördern?

    Mehrere Länder (darunter Japan, Australien, Argentinien, Brasilien, Kanada, Indien, Kenia und weitere) unterscheiden nun NGT-Produkte, die von konventionellen oder natürlichen Prozessen stammen könnten, von ihren biotechnologischen Vorschriften.

    2018 entschied der europäische Gerichtshof , dass NGT-Produkte als genetisch veränderte Organismen (GVO) eingestuft und gemäß den strengen europäischen GVO-Vorschriften behandelt werden sollten. Da der Regulierungsrahmen sehr zeit- und kostenintensiv ist, verfügen nur wenige große Unternehmen über die Ressourcen, um an NGTs und deren Genehmigung zu arbeiten. Außerdem gab es zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Rechtsvorschriften noch keine NGTs. Der neue Vorschlag der Europäischen Kommission sieht zwei Wege vor, um NGT-Pflanzen auf den Markt zu bringen. NGTs, die auch auf natürlichem Wege oder durch konventionelle Züchtung entstehen könnten und die eine Reihe von Kriterien erfüllen, die in der Verordnung festgelegt sind, werden wie konventionelle Pflanzen behandelt und von den Anforderungen der GVO-Vorschriften ausgenommen. Alle anderen NGT-Pflanzen müssen nach wie vor die Anforderungen der bestehenden GVO-Vorschriften erfüllen, d. h. sie unterliegen einer Risikobewertung und können erst dann auf den Markt gebracht werden, wenn sie eine behördliche Zulassung haben. .

    Pflanzen, die mit NGTs gezüchtet werden, sind auch für das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen wie die Reduzierung von Pestiziden oder die Minderung von Treibhausgasemissionen von Nutzen. Aus diesem Grund sollten Produkte von NGTs von Fall zu Fall bewertet werden, anstatt ein kategorisches Verbot für die gesamte Methode selbst zu verhängen. Sicherheitsprüfungen auf Umweltgefahren und menschlichen Verzehr müssen auf der Grundlage der Eigenschaften des Endprodukts und nicht auf der Grundlage seiner Herstellungsmethode durchgeführt werden. Eine ordnungsgemäße Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung entlang der Produktwertschöpfungskette und eine evidenzbasierte Kommunikation über die ökologischen Vorteile, die NGTs mit sich bringen können, sind ebenfalls wichtig, um den Verbrauchern fundierte Entscheidungen zu ermöglichen.

    Verweise

    1. European Commission website, New techniques in biotechnology. European Commission. Accessed 6 July 2023.
    2. Jinek M et al. (2012) A programmable dual-RNA-guided DNA endonuclease in adaptive bacterial immunity. Science 337:816-821
    3. Zhang A et al. (2019) Enhanced rice salinity tolerance via CRISPR/Cas9-targeted mutagenesis of the OsRR22 gene. Molecular Breeding 39:47
    4. Gomez MA et al. (2018) Simultaneous CRISPR/Cas9-mediated editing of cassava eIF4E isoforms nCBP-1 and nCBP-2 reduces cassava brown streak disease symptom severity and incidence. Plant Biotechnology Journal 17:421-434
    5. Demorest ZL et al. (2016) Direct stacking of sequence-specific nuclease-induced mutations to produce high oleic and low linolenic soybean oil. BMC Plant Biology 16:225
    6. Klümper W & Qaim M (2014) A meta-analysis of the impacts of genetically modified crops. PLoS One 9(11): e111629
    7. Hammond AM & Galizi R (2017) Gene drives to fight malaria: current state and future directions. Pathogens and Global Health 111:412-423
    8. European Commission (EC) (2021) Study on new genomic techniques. Brussels, Belgium: EC.
    9. Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften (2015) Academies and DFG call for the responsible use of new genome editing techniques. Accessed 1 June 2023.
    10. International Service for the Acquisition of Agri-biotech Applications (ISAAA) (2021) Breaking Barriers with Breeding: A Primer on New Breeding Innovations for Food Security Brief. ISAAA Brief No. 56: Ithaca, NY
    11. European Commission website, New techniques in biotechnology. European Commission. Accessed 1 June 2023.