Zucker: Beantwortung häufig gestellter Fragen und Entlarven von Mythen
Zuletzt aktualisiert : 14 January 2020Zucker sind gängige Bestandteile unserer Ernährung. Sie sind sowohl in natürlicher als auch in zugesetzter Form in einem breiten Spektrum an Lebensmitteln und Getränken enthalten, einschließlich Obst und Fruchtsäfte, Milch und Milchprodukte, Honig, Konfitüren und Marmeladen, Erfrischungsgetränke, Fertiggerichte, Gemüseprodukte (z.B. Tomatenketchup), Nachspeisen und anderer süßen Leckereien. Zucker verleihen unseren Lebensmitteln einen süßen, angenehmen Geschmack und sind die grundlegendste Energiequelle unserer Körper. Mit dem erhöhten Verzehr von zugesetzten Zuckern in den letzten Jahrzehnten und wegen der steigenden Fettleibigkeit und der damit verbundenen Krankheiten wurde die Rolle der Zucker in unserer Gesundheit in Frage gestellt. Dieser Artikel liefert Antworten auf einige weit verbreitete Fragen über den Zusammenhang zwischen Zuckern und Gesundheit auf der Grundlage der neuesten wissenschaftlichen Nachweise.
Was ist Zucker genau?
Zucker sind die Bausteine aller Kohlenhydrate und können in Monosaccharide, Disaccharide, Oligosaccharide und Polysaccharide unterteilt werden:
- Monosaccharide sind Zucker, die aus einer einzigen Zuckereinheit bestehen, wie Glukose, Fruktose und Galaktose.
- Disaccharide bestehen aus einer Kombination von zwei einzelnen Zuckereinheiten, die Haushaltszucker (Saccharose) oder Milchzucker (Laktose) bilden.
- Oligosaccharide sind mittellange Ketten einzelner Zuckereinheiten und umfassen Mannose und Ballaststoffe sowie kurze Inulinketten.
- Polysaccharide sind lange Ketten aus einzelnen Zuckereinheiten, die Stärke umfassen, welche in Kartoffeln, Zwiebeln und Karotten zu finden ist.
Saccharose ist die Zuckerkombination, die allgemein als „Haushaltszucker“ bezeichnet wird. Andere Verwendungen des Begriffs „Zucker“ beziehen sich im Allgemeinen auf Monosaccharide und Disaccharide. Einen Überblick über die verschiedenen Zuckerarten finden Sie in unserem Artikel über Die Funktionen der Kohlenhydrate im Körper.
Sind natürlich vorkommende Zucker gesünder als zugesetzte Zucker?
Nein. Zucker – ob natürlich vorkommend oder den Lebensmitteln zugesetzt – sind chemisch gesehen gleich und haben die gleiche Auswirkung auf unseren Körper.
Zucker werden manchmal in die Gruppen „natürlich“, „gesamt“, „frei“ oder „zugesetzt“,1 unterteilt. Dies kann Anlass zu der Annahme geben , dass die Zucker an sich „gesünder“ oder „nicht gesund“ sein können, was technisch nicht korrekt ist. Jedoch enthalten die Lebensmittel, in denen Zucker natürlich vorkommen – seien es Getreide, Hülsenfrüchte, Obst oder Gemüse – in der Regel Ballaststoffe und weitere Nährstoffe neben dem Zucker, und sind deswegen besser für unsere Gesundheit als Lebensmittel, die überwiegend freie oder zugesetzte Zucker enthalten. Eine hohe Aufnahme an freien und zugesetzten Zuckern stellt tatsächlich ein Risikofaktor für viele vermeidbare Krankheiten dar, während natürlich vorkommende, in einer Ernährung mit reichlich Vollkorn, Obst und Gemüse enthaltene Zucker unbedenklich sind.2,3
Sind die im Obst enthaltenen Zucker schlecht?
Nein, die im Obst enthaltenen Zucker sind nicht schlecht. Obst enthält Zucker neben anderen Nährstoffen wie Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen, d.h. zusätzlich zu dem Zucker selbst, was wichtig für den Energiestoffwechsel in unserem Körper ist – Der Verzehr von Obst, anstatt von Fruchtzucker selbst, bringt Ihnen zusätzliche gesundheitliche Vorteile.
Fruktose ist der Hauptzucker im Obst. Vor einigen Jahren gab es einige Bedenken über ihre gesundheitlichen Auswirkungen auf unsere Körper (sehen Sie auch unseren Artikel Was ist Fruktose und ist sie schlecht für Sie?). Jedoch zeigen wissenschaftliche Forschungen, dass es derzeit kaum Belege dafür gibt, dass Fruktose selbst Gesundheitsprobleme verursacht – zumindest nicht in der Menge, die innerhalb der üblichen europäischen Ernährung verzehrt wird, insbesondere als Bestandteil ganzer Früchte4–6.
Was ist die gesündeste Alternative zu Zucker?
Keine Zuckerart ist gesünder als die anderen, da die Art und Weise, wie Zucker von dem Körper aufgenommen wird, ähnlich ist und immer etwa vier Kalorien Energie pro Gramm enthält. Für viele von uns besteht die „gesündeste Alternative“ darin, den Zuckerverbrauch auf die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene Menge zu verringern. Eine Reduktion von Zuckern in der Ernährung kann schrittweise erreicht werden, durch die Verringerung der sowohl in hausgemachten und hausgebackenen Gerichten als auch in gekauften Produkten verwendeten Zuckermenge, wobei ein befriedigender süßer Geschmack (und Aromenfülle) des Gerichtes trotzdem erreicht wird.
Können Zucker Übergewicht und Fettleibigkeit verursachen?
Ja, genauso wie andere kalorienhaltige Nährstoffe können Zucker zu Übergewicht und Fettleibigkeit beitragen.7–9 Lebensmittel mit hohem Zuckergehalt sind süß, was sie besonders anziehend für das Gehirn macht. Deswegen kann der Umgang mit Süßem in unserer Ernährung eine besondere Wachsamkeit erfordern. Durch die Beachtung der Portionsgrößen und des Energiegehaltes unserer Lebensmittel und Erfrischungsgetränke sorgen wir dafür, dass die tägliche Kalorienzufuhr unseren Energiebedarf nicht übersteigt.
Kann Zucker Diabetes verursachen?
Möglicherweise. Forschungsberichte zeigen, dass ein hoher Konsum von Erfrischungsgetränken das Risiko für Typ-2-Diabetes erhöhen kann.8,10 Allerdings sind die Nachweise über einen Zusammenhang zwischen freien und Gesamtzuckern in einer ausgewogenen Ernährung und dem Typ-2-Diabetes derzeit nicht eindeutig.7,11,12 Darüber hinaus ist sich die Wissenschaftsgemeinschaft darüber einig, dass die in Obst und Gemüsen, Getreiden und Hülsenfrüchten natürlich vorkommenden Zucker keine Rolle in der Entstehung von Diabetes spielen. Im Gegenteil – diese Lebensmittel werden als Beitrag zur Prävention dieser Krankheit angesehen.
Kann Zucker die Kinder hyperaktiv machen?
Nein. Viele Eltern glauben, dass zu viel Zucker zur Hyperaktivität ihrer Kinder beitragen könne, doch für einen solchen Zusammenhang gibt es keine wissenschaftliche Begründung. Diese Meinung hat seinen Ursprung in Fallstudien aus den 1970-er Jahren und in der Behauptung, dass Zucker die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) verursacht. Doch diese frühen Studien waren methodisch fehlerhaft, und der Zusammenhang zwischen Zuckeraufnahme und Aktivität könnte das Ergebnis einer „umgekehrten Kausalität“ sein –aktivere Kinder brauchen mehr Energie und daher auch eine höhere Zuckeraufnahme. Der Großteil der seither durchgeführten, kontrollierten, experimentellen Studien unterstützt nicht die Annahme, dass Zuckeraufnahme zu einer Aktivitätssteigerung führt.13,14
Die Wahrnehmung eines solchen Zusammenhangs könnte auch von Annahmen und Erwartungen der Eltern beeinflusst werden. In einer Studie beurteilten Eltern, denen gesagt wurde, dass ihrem Kind ein zuckerhaltiges Getränk gegeben worden sei, das Verhalten ihres Kindes als hyperaktiver, obwohl alle Getränke zuckerfrei waren.15
Im Kontext von ADHS ist es jetzt klar, dass die Ursachen von ADHS multifaktoriell sind, und sowohl genetische als auch Umweltfaktoren umfassen. Es gibt keine schlüssigen Nachweise dafür, dass Zucker einer der Faktoren ist, die zur Entstehung von ADHS beiträgt.13,14
Kann Zucker die Zähne schädigen?
Ja, Zucker verursacht Zahnkaries. Freie Zucker in der Ernährung werden von natürlich im Mund vorkommenden Bakterien vergärt, und die daraus resultierenden Abfälle verursachen Zahnverfall.16 Eine Reduzierung der freien Zucker in der Ernährung auf unter 5% der Gesamtenergiezufuhr, gemäß Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), sowie gute Mundhygienepraktiken, die die Verwendung fluoridierter Zahnpasta einschließen, können das Auftreten von Karies verindern, da sie bakterielle Abfallprodukte reduzieren und Zahnschmelz unterstützen.16,17
Kann Zucker süchtig machen?
Nein. Es gibt derzeit keine Nachweise dafür, dass Zucker Menschen süchtig macht. Die Sucht ist ein physiologischer und psychologischer Prozess, der Abhängigkeit und Entzugserscheinungen verursacht, wenn das Suchtmittel nicht mehr genommen wird. Obwohl Untersuchungen an Nagetieren gezeigt haben, dass bei Ratten unter bestimmten Bedingungen suchtähnliche Reaktionen auf süß schmeckende Substanzen hervorgerufen werden, sind diese Beobachtungen am Menschen nicht eindeutig nachgewiesen worden.18–20 In den Tierversuchen wurde den Ratten Nahrung entzogen. Sie bekamen nur Zuckerlösungen zu bestimmten Tageszeiten, anstatt ihrem natürlichen Rhythmus entsprechend gefüttert zu werden.
Die Theorie der Zuckersucht wurde vom Vergleich mit anderen Suchtverhalten angeregt.21 Jedoch hat die wissenschaftliche Forschung bis jetzt bei normal- oder übergewichtigen Personen keine überzeugenden neurobiologischen oder Verhaltensindikatoren gefunden, die einer Zuckersucht ähneln.19
Im Allgemeinen müssen sich Wissenschaftler noch darüber einigen, ob es so was wie eine Esssucht gibt.20 Mittel zur Messung der Esssucht, wie die Yale Food Addiction Scale, konnten noch nicht validiert werden.22 . Wissenschaftler sind sich darüber einig, dass es wichtig ist, zwischen Folgendem zu unterscheiden:20,23
- Menschen, die starken Esszwängen unterliegen
- der Vorstellung, dass bestimmte Lebensmittel oder Nährstoffe an sich süchtig machen
- dem Essen an sich als Suchtverhalten
Bei Menschen, die sich überessen, spielt die Lebensmittelumgebung wahrscheinlich eine wichtige Rolle.24 Die hohe Verfügbarkeit von schmackhaften Lebensmitteln und Getränken zusammen mit einem sozialen Umfeld, das große Portionen begünstigt, kann das Überessen fördern. Eine solche Umgebung kann besonders herausfordernd für Menschen sein, die zu Fressanfällen neigen und ein starkes Verlangen nach süßen oder fettigen Lebensmitteln zeigen.19,20
Wirkt Zucker toxisch auf den menschlichen Körper?
Nein, Zucker wirkt nicht toxisch auf den Körper. Toxizität bedeutet, dass ein Stoff dem Körper irreparable Schäden zufügt. Zucker ist ein wesentlicher Nährstoff, der dem Körper direkt Energie liefert. Allerdings kann der Körper bestimmte Stärke in Zucker verwandeln und sie als Energiequelle nutzen, wodurch viel stabilere Blutzuckerwerte erreicht werden. Darüber hinaus bieten ballaststoffreiche Lebensmittel (sehen Sie unseren Artikel über Ballaststoffe) zusätzliche gesundheitliche Vorteile, da diese oft reich an anderen Nährstoffen wie Vitaminen und Mineralstoffen sind. Deshalb wird empfohlen, einfache Zucker durch Vollkorn und andere ballaststoffreiche Produkte zu ersetzen.
Wie viel Zucker pro Tag ist okay?
Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, dass freie Zucker (dazu gehören alle Monosaccharide und Disaccharide, die den Lebensmitteln von Herstellern und Köchen, oder bei der Zubereitung zu Hause zugefügt werden, sowie Zucker, die natürlicherweise in Honig, Sirup und Fruchtsäften vorkommen) nicht mehr als 10% der täglichen Energiezufuhr pro Person ausmachen.16,17 Bei einem Erwachsenen, der 2000 kcal pro Tag benötigt, entspricht dies nicht mehr als 200kcal freier Zucker, d.h. 50 Gramm oder 12 Teelöffel Zucker.
Bei der Erarbeitung von Ernährungszielen und länderspezifischen, lebensmittelbasierten Ernährungsleitfäden (FBDG) werden Informationen darüber, was Menschen täglich essen (einschließlich zuckerhaltiger Lebensmittel) sowie kulturspezifische Ernährungsweisen berücksichtigt. Insgesamt schlagen die FBDG vor, dass zuckerhaltige Lebensmittel den kleinsten Anteil einer gesunden Ernährung, an der Spitze der Lebensmittelpyramide ausmachen (sehen Sie unseren Artikel Ernährungsleitfäden in Europa).
Schlussfolgerung
Insgesamt unterstützen gegenwärtige wissenschaftliche Belege direkte, kontextspezifische, kausale Zusammenhänge zwischen Zucker und Fettleibigkeit sowie zwischen Zucker und Zahngesundheit. Es gibt keine Beweise dafür, dass Zucker den Menschen süchtig oder Kinder hyperaktiv machen.
Als gängige Bestandteile unserer Ernährung liefern Zucker unserem Körper Energie, machen aber unsere Lebensmittel auch anziehender. Wie auch bei allen anderen Makronährstoffen kann sich ein übermäßiger Zuckerkonsum negative auf Gewicht und Gesundheit auswirken. Ein mäßiger Zuckerkonsum im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung kann jedoch als Teil eines gesunden Lebensstils genossen werden.
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