Stevia: ein natürlicher Süßstoff mit Potenzial | Eufic

Stevia: ein natürlicher Süßstoff mit Potenzial

Zuletzt aktualisiert : 14 November 2009
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    Von den Ureinwohnern Südamerikas seit Jahrhunderten verwendet, taucht die Pflanze Stevia seit kurzem in den Schlagzeilen auf. Stevia enthält natürliche Süßstoffe, Steviolglykoside genannt, die bis zu 300-mal süßer als Zucker sind, jedoch praktisch keine Kalorien haben. Ein Neuzugang in der Süßungsmittelpalette, der den Kampf gegen Übergewicht erleichtern könnte? Europäische Verbraucher werden sich noch etwas gedulden müssen.

    Süßer Geschmack

    Alle neugeborenen Babys lieben süßen Geschmack, unabhängig von der Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft. Die Vorlieben von Kindern und Erwachsenen für spezielle Süßungsmittel werden durch eigene Essenserfahrungen geprägt und variieren daher stark von Person zu Person.1

    Heute ist eine breite Palette an Süßungsmitteln auf dem Markt, die wie Zucker süßen Geschmack, jedoch praktisch keine Kalorien liefern.2 Zu dieser großen Gruppe von Verbindungen gehören intensive Süßstoffe wie Aspartam, Acesulfam-K, Saccharin und Sucralose sowie die Steviolglykoside, die eine mehrere hundert Mal stärkere Süßkraft haben als Zucker. Da von diesen Süßstoffen nur sehr geringe Mengen zum Süßen erforderlich sind, ist deren Energiegehalt im Vergleich zu Zucker meist vernachlässigbar. Im Gegensatz zu anderen intensiven Süßstoffen bieten die Steviolglykoside den zusätzlichen Vorteil, wie Zucker vollkommen pflanzlichen Ursprungs zu sein.

    Die Herkunft von Stevia

    Stevia rebaudiana Bertoni, kurz Stevia, erhielt ihren Namen vom Schweizer Botaniker Moisés Santiago Bertoni, der die Pflanze erstmals beschrieb. Es handelt sich um eine in Zentral- und Südamerika beheimatete Pflanze, die zur gleichen Familie wie Sonnenblume und Chicorée gehört. Vielfach wegen ihrer süßen Blätter angebaut, wird Stevia von südamerikanischen Urvölkern seit Jahrhunderten als traditionelles Süßungsmittel verwendet, u.a. für Kräutertees und andere Getränke. Die zwei wichtigsten in den Steviablättern enthaltenen, süß schmeckenden Glykosidverbindungen sind Steviosid und Rebaudiosid A. Sie sind 200- bis 300-mal süßer als Zucker, sodass bereits eine sehr geringe Menge ausreicht, um die gewünschte Süße zu erzielen. Es sind diese Glykoside, die in letzter Zeit Gegenstand verschiedener Sicherheitsbeurteilungen und Zulassungen geworden sind.

    Potenzieller Gesundheitsnutzen

    Wie andere intensive Süßstoffe ermöglichen Steviolglykoside dem Verbraucher den Genuss von süßem Geschmack, ohne dadurch die tägliche Energiezufuhr zu erhöhen, da sie keine nennenswerte Kalorienmenge enthalten. Intensive Süßstoffe können als Zuckerersatz eine wertvolle Hilfe für jene Menschen sein, die abnehmen wollen oder ihr Gewicht halten müssen.3 Personen, die an Phenylketonurie leiden, einer seltenen erblichen Stoffwechselstörung, müssen auf phenylalaninhaltige Nahrungsquellen - einschließlich Aspartam - achten. Für diese Menschen wären Steviolglykoside eine phenylalaninfreie Möglichkeit zum Süßen.

    Stevia weltweit

    Stevia wird zwar auch heute noch in Lateinamerika kultiviert, doch wird der Anbau längst von asiatischen Ländern angeführt. Weltweiter Hauptproduzent von Stevia ist China, während Japan und Korea die derzeit größten Märkte für Steviaextrakte darstellen. Vor kurzem haben die USA sowie Australien und Neuseeland einzelne Steviapräparate als Süßungsmittel für Speisen und Getränke für ihre Märkte zugelassen.

    Wie sieht es in Europa aus?

    Im Jahr 1999 hat die Europäische Kommission die Zulassung der Steviapflanze bzw. ihrer getrockneten Blätter als Nahrungsmittel oder Zutat aufgrund mangelnden Nachweises ihrer Unbedenklichkeit verweigert. Somit sind Lebensmittel und Getränke, die Stevia bzw. Steviaextrakte enthalten, in der gesamten Europäischen Union (EU) nicht zugelassen. Seither sind viele Sicherheitsstudien durchgeführt worden. Im Jahr 2008 erschien eine Reihe von Expertenbeurteilungen, die die Sicherheit gereinigter Steviolglykoside bestätigten. Der Gemeinsame FAO/WHO-Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe (JECFA) legte eine permanente zulässige tägliche Aufnahmemenge (Acceptable Daily Intake, ADI) für reine (≥95%) Steviolglykoside fest und bekräftige damit den sicheren Gebrauch als Süssungsmittel für Lebensmittel.4 Die US-amerikanische Lebensmittelbehörde FDA hat sich ebenfalls positiv über die vorgelegten Sicherheitsdossiers zu hochreinen Steviolglykosiden als Süssungsmittel geäussert.5 Der vom JECFA festgesetzte ADI liegt bei 0-4 mg/kg Körpergewicht für Steviol, was einer täglichen Menge von bis zu 12 mg/kg Körpergewicht an Rebaudiosid A entspricht, oder umgerechnet 720 mg für eine 60 kg schwere Frau bzw. 840 mg für einen 70 kg schweren Mann.4

    Bis März 2010 wird die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eine Stellungnahme zur Sicherheit der Steviolglykoside vorlegen. Sollte diese positiv ausfallen, ist davon auszugehen, dass die EU-Richtlinie über Süßstoffe entsprechend abgeändert wird und Steviolglykoside einbezieht. Frankreich hat kürzlich die Verwendung von 97% reinem Rebaudiosid A in Lebensmitteln und Getränken für den Zeitraum von bis zu zwei Jahren zugelassen.6 Man darf davon ausgehen, dass in naher Zukunft mit Steviolglykosiden gesüßte Produkte auf bestimmten europäischen Märkten auftauchen werden.

    Literatur

    1. Phelan S, Lang W, Jordan D and Wing RR (2009) Use of artificial sweeteners and fat-modified foods in weight loss maintainers and always-normal weight individuals. International Journal of Obesity advance online publication 28 July 2009; doi: 10.1038/ijo.2009.147
    2. Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives (JECFA). Evaluation of certain food additives. WHO Technical Report Series 952, 2009.
    3. FDA response letter GRAS Notice No. GRN 000253, 17 December 2008.
    4. French Ministry of Economy, Finance, and Employment. Arrêté du 26 août 2009 relatif à l’emploi du rébaudioside A (extrait de Stevia rebaudiana) comme additif alimentaire. Le Journal officiel de la République française, Edition n° 0206, 6 September 2009.

    AKTUALISIERT am 14. April 2010

    Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bewertet die Sicherheit von Steviolglycosiden

    Das für Lebensmittelzusatzstoffe zuständige Gremium der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, das ANS-Gremium, hat die Sicherheit von Steviolglycosiden, d. h. aus Pflanzenblättern extrahierten Süßungsmitteln, bewertet und für deren sichere Verwendung einen Wert für die zulässige tägliche Aufnahmemenge festgelegt. Die Bewertung wurde an die Europäische Kommission übermittelt, die prüfen wird, ob sie die Substanzen in der Europäischen Union für ihre vorgeschlagene Verwendung — insbesondere in zuckerfreien Lebensmitteln oder Lebensmitteln mit niedrigen Brennwerten wie bestimmten aromatisierten Getränken, Süßwaren ohne zusätzlich zugesetztem Zucker oder niedrige Brennwerte aufweisende Suppen — zulassen wird.

    Official Journal of the European Union L295, 12 November 2011, Volume 54, Page 207 (Commission Regulation (EU) No 1131/2011 of 11 November 2011 amending Annex II to Regulation (EC) No 1333/2008 of the European Parliament and of the Council with regard to steviol glycosides).

    Toxikologische Tests haben gezeigt, dass die Substanzen weder genotoxisch noch krebserregend sind und auch keine negativen Auswirkungen auf die Fortpflanzungsorgane des Menschen oder das ungeborene Leben haben. Das Gremium hat eine zulässige tägliche Aufnahmemenge (Acceptable Daily Intake — ADI) von 4 mg pro kg Körpergewicht für Steviolglycoside festgelegt, einen Wert, der mit demjenigen des vom Gemeinsamen FAO/WHO-Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe (JECFA) festgelegten in Einklang steht.

    Das Gremium weist jedoch darauf hin, dass dieser ADI-Wert sowohl von Erwachsenen als auch von Kindern überschritten werden könnte, wenn diese Süßungsmittel in den von den Antragstellern vorgeschlagenen Höchstmengen aufgenommen werden.

    Steviolglycoside sind intensive Süßungsmittel, die aus den Blättern der Stevia-Pflanze (Stevia rebaudiana Bertoni) extrahiert werden. Diese Substanzen, zu denen beispielsweise Steviosid und Rebaudiosid gehören, sind 40- bis 300-mal süßer als Saccharose.

    Die EFSA überprüfte die Sicherheit von Süßungsmitteln im Rahmen von drei in Bezug auf Zulassungsanträge eingereichten Dossiers. Lebensmittelzusatzstoffe wie Süßungsmittel müssen auf europäischer Ebene ausdrücklich zugelassen werden, bevor sie in Lebensmitteln verwendet werden können.

    EFSA Revised exposure assessment for steviol glycosides for the proposed uses as a food additive (January 2011).

    EFSA Scientific Opinion on the safety of steviol glycosides for the proposed uses as a food additive.