Polyphenole
Zuletzt aktualisiert : 02 June 2015Eine Ernährung mit einem hohen Obst- und Gemüseanteil wird mit einem niedrigeren Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HKL-Erkrankungen) und Krebs verbunden. Man nimmt an, dass bestimmte Bestandteile pflanzlicher Lebensmittel, darunter auch Polyphenole, eine schützende Wirkung haben. Da Polyphenole jedoch kein absolut notwendiger Bestandteil unserer Ernährung sind und ihr gesundheitlicher Nutzen noch diskutiert wird, gibt es derzeit noch keine offiziellen Einnahmeempfehlungen.
Was sind Polyphenole?
Polyphenole sind natürlich in Pflanzen vorhanden. Anders als Vitamine und Minerale sind Polyphenole keine lebenswichtigen Nährstoffe. Sie werden vom menschlichen Körper nicht zur Lebenserhaltung gebraucht, können allerdings günstige Funktionen aufweisen. Früchte und Gemüse sind Bezugsquellen für Polyphenole. Andere Bezugsquellen sind Nüsse und Samen, Kräuter, Kakaoprodukte (z. B. dunkle Schokolade), Vollmilchprodukte, Tee, Kaffee und Rotwein.1 Polyphenole sind anerkannt für ihre antioxidativen Eigenschaften. Da sie als der in unserer Ernährung am weitesten verbreitete Stoff mit antioxidativem Potenzial gelten untersuchen viele Forscher ihre biologische Wirksamkeit.
Die Antioxidantien-Hypothese
Antioxidantien in der Nahrung können den Körper vor oxidativem Schaden bewahren, der auf Dauer zu Krankheiten wie Krebs oder HKL-Erkrankungen führen kann. Gewöhnliche Nahrungs-Antioxidantien sind Vitamin C, Vitamin E und Carotinoide, wobei Minerale wie Zink oder Selen wichtige Bestandteile von antioxidativen Enzymen im Körper sind.2,3 Hohe Dosen an Antioxidantien in Form von Vitamin- und Mineral-Nahrungsergänzungsmitteln senken jedoch anscheinend das Risiko von HKL-Erkrankung und Krebs nicht weiter.2
Die antioxidative Wirkung von Polyphenolen wurde hauptsächlich in vitro untersucht, also außerhalb des menschlichen Körpers. Darüber hinaus ist ein Nachweis, dass Polyphenole auch im menschlichen Körper als Antioxidantien wirken, nicht so einfach zu erbringen da Polyphenole sich nach der Einnahme verändern.3,4
Polyphenole und die Gesundheit
Ein Großteil der Nachweise für eine Schutzwirkung von Polyphenolen gegen HKL-Erkrankungen, Krebs und neurodegenerative Erkrankungen stammen aus in vitro-Studien mit menschlichen Zellkulturen und Tierstudien. Allerdings ist es schwierig, ihre biologische Bedeutung und Wirkung auf die menschliche Gesundheit nachzuweisen. Die untersuchten Dosen liegen oft deutlich über der in der Nahrung einer Einzelperson enthaltenen Menge. Nach der Einnahme werden die Polyphenole abgebaut und sind deswegen im Körper möglicherweise nicht in der Form vorhanden, in der sie in in-vitro-Studien getestet wurden. Darüber hinaus sind sie in Körperflüssigkeiten (Plasma) oft nur in extrem geringer Konzentration zu finden.4,5
IMan nimmt an, dass Polyphenole das Herz auf mehrere Arten schützen können. Sie erhöhen womöglich die Funktionsfähigkeit der inneren Schicht von Blutgefäßen, unterdrücken die Ansammlung von Blutplättchen (was Blutgerinnsel in den Arterien verhindert) und wirken sich günstig auf die Blutfette und die Insulinempfindlichkeit aus.4,6
Die Beweislage bei Humanstudien ist derzeit dürftig und erschwert so sichere Aussagen. Dazu kommt, dass viele Studien zur Wirkung von Polyphenol polyphenolreiche Nahrung anstatt isolierten Polyphenolen verwenden. Es ist deshalb schwierig, beobachtete Effekte direkt den Polyphenolen zuzuschreiben. Die gemessenen Effekte könnten auch eine Folge anderer Nahrungsbestandteile sein.4
Bis heute hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit welche die gesundheitsbezogenen Angaben auf Lebensmittelprodukten (health claims) wissenschaftlich prüft jegliche claims bezüglich Polyphenolen mit der Ausnahme von Olivenöl abgelehnt. Für Olivenöl (das mindestens 5 mg Hydroxytyrosol – ein Polyphenol – und dessen Derivate pro 20 g Olivenöl enthält) ist die Behauptung zugelassen, dass „Olivenöl zum Schutz der Blutfette vor oxidativem Stress beiträgt“. Diese günstige Wirkung erhält man durch einen täglichen Verzehr von 20 g Olivenöl.7
Zusammenfassung
Pflanzliche Lebensmittel und eine Ernährung mit einem hohen Anteil an pflanzenbasierter Nahrung haben eine nachgewiesene Schutzwirkung vor HKL-Erkrankungen, Krebs und anderen Krankheiten, was sie zu einem äußerst wichtigen Bestandteil einer gesunden und ausgewogenen Ernährung macht. Viele europäische Länder empfehlen Erwachsenen und Kindern ab einem Jahr täglich mindestens fünf Portionen Obst und Gemüse sowie den Verzehr von Vollkorn-Lebensmitteln. Die Wirkung von Polyphenolen zu untersuchen und zu isolieren ist allerdings keine leichte Aufgabe, und weitere Forschung ist daher notwendig.
Literatur
- Del Rio D, et al. (2013). Dietary (poly)phenolics in human health: structures, bioavailability, and evidence of protective effects against chronic diseases. Antioxidants and Redox Signaling 18:1818-1892.
- Stanner S & Weichselbaum E (2013). Antioxidants (pp.88-99). In Caballero B (ed.) Encyclopedia of Human Nutrition. Vol. 1. 3rd edition. Doi: 10.1016/B978-0-12-375083-9.00013-1.
- Hollman PCH, et al. (2011). The biological relevance of direct antioxidant effects of polyphenols for cardiovascular health in humans is not established. Journal of Nutrition 141:989S-1009S.
- Weichselbaum E & Buttriss JL (2010). Polyphenols in the diet. Nutrition Bulletin 35:157-164.
- Hollman PCH (2010). The 4th International Conference on Polyphenols and Health. Nutrition Bulletin 35:183-185.
- Andriantsitohaina R, et al. (2012). Molecular mechanisms of the cardiovascular protective effects of polyphenols. British Journal of Nutrition 108:1532-1549.
- EU Register on nutrition and health claims