Nährwertkennzeichnung auf der Vorderseite der Verpackung
Zuletzt aktualisiert : 15 July 2022Lebensmitteletiketten helfen uns zu verstehen, was in verpackten Nahrungsmitteln enthalten ist. Laut Gesetz muss das Etikett Nährwertangaben zum Energiegehalt in Kilojoule (kJ) und Kilokalorien (kcal), zu Fetten, gesättigten Fetten („gesättigte Fettsäuren“), Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salzpro 100 Gramm (g) bzw. 100 Milliliter (ml) enthalten.1 Diese Informationen müssen zusammen angezeigt werden und befinden sich meist auf der Rückseite der Packung.
Neben der oben erwähnten vorgeschriebenen Nährwertkennzeichnungkönnen die Nährwertangaben auch anderweitig auf der Vorderseite der Verpackung präsentiert werden, die so genannte „Front-of-Pack“-Nährwertkennzeichnung (FOP). Diese soll den Verbraucher*innen dabei helfen, beim Kauf von Lebensmitteln die wesentlichen Nährwertangaben auf einen Blick zu erkennen.
Was beinhaltet die Kennzeichnung auf der Vorderseite der Verpackung?
Die Nährwertkennzeichnung auf der Vorderseite der Verpackung bietet vereinfachte Nährwertangaben, die den Verbraucher*innen bei der Auswahl von Lebensmitteln helfen sollen. Es kann sich dabei entweder um eine teilweise Wiedergabe der in der Nährwertdeklaration enthaltenen Informationen handeln (z. B. nur der Energiewert oder der Energiewert zusammen mit den Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz) oder um zusätzliche Informationen über die allgemeine Nährwertqualität des Lebensmittels mittels Symbolen, Buchstaben, Farbcodes oder anderen grafischen Formaten, sofern diese auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Beispiele für Nährwertangaben auf der Vorderseite von Verpackungen sind Nutri-Score und das britische Ampelsystem.2
Warum werden Nährwertangaben auf der Vorderseite der Verpackung angebracht?
Die Nährwertkennzeichnung auf der Vorderseite der Verpackung soll den Verbraucher*innen helfen, schnell den Nährwert von Lebensmitteln zu erfassen und zu verstehen, welchen Beitrag diese zum Energie- und Nährstoffgehalt ihrer Ernährung leisten können. Die beiden Hauptziele bestehen darin, den Verbraucher*innen zusätzliche Informationen für die Auswahl gesünderer Lebensmittel an die Hand zu geben, sowie die Lebensmittelindustrie dazu zu veranlassen, ihre Produkte gesünder zu gestalten (z. B. indem Lebensmittel so umgestaltet werden, dass sie weniger Nährstoffe enthalten, deren Anteil reduziert werden sollte, wie z. B. Salz, Zucker und/oder Fette).2
Ist die Kennzeichnung auf der Vorderseite der Verpackung verpflichtend?
Gemäß den derzeitigen EU-Vorschriften sind Nährwertangaben auf der Vorderseite von Verpackungen nicht verpflichtend, können aber von Lebensmittelunternehmen unter bestimmten Bedingungen freiwillig angebracht werden. Als Teil des Aktionsplans „Vom Hof auf den Tisch“ (Farm to Fork) arbeitet die Europäische Kommission jedoch an einem Vorschlag für eine auf EU-Ebene standardisierte Nährwertkennzeichnung auf der Vorderseite von Verpackungen.2
Wer reguliert die Nährwertangaben auf der Vorderseite der Verpackung?
In Europa ist die Nährwertkennzeichnung durch die Lebensmittel-Informationsverordnung geregelt (Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel). Neben der Festlegung der verpflichtenden Nährwertangaben auf Lebensmitteletiketten sieht das Gesetz auch die Verwendung zusätzlicher Formen der Angabe und anderer „freiwilliger Informationen“ vor (unter die die meisten FOP-Regelungen fallen), und zwar nach bestimmten, in Artikel 35 und 36 festgelegten Kriterien.1
Welche Arten von Etiketten sind am häufigsten auf der Vorderseite der Verpackung zu finden?
FOP-Systeme können je nach Art der von ihnen bereitgestellten Informationen als „nährstoffspezifische“ oder „zusammenfassende Indikatoren“ eingestuft werden.3
Nährstoffspezifische Systeme bieten Informationen über bestimmte Nährstoffe, die die Lebensmittel enthalten. Sie können beispielsweise den prozentualen Anteil der in einem Lebensmittel enthaltenen Nährstoffe (z. B. Salz, Fett, Zucker) sowie einen Vergleich mit der empfohlenen Tagesmenge angeben.3
„Zusammenfassende Indikatoren“ wiederum vermitteln den Verbraucher*innen eine Gesamteinschätzung davon, wie gesund ein Lebensmittel ist. Das gilt z. B. für mit dem Schlüsselloch-Symbol gekennzeichnete Lebensmittel, die innerhalb der jeweiligen Produktgruppe als gesünder gelten, oder für den Nutri-Score, mit dem Lebensmittel anhand einer Farbe und eines Buchstabens auf einer Skala als gesünder oder weniger gesund eingestuft werden.3
Abb. 1 – FOP-Systeme zur Nährwertangabe in verschiedenen europäischen Ländern.
Es gibt eine Vielzahl von FOP-Systemen, die von öffentlichen Einrichtungen, Nichtregierungsorganisationen im Gesundheitsbereich und/oder dem privaten Sektor entwickelt wurden. Allgemein dominiert in Europa jedoch die Angabe der Referenzmenge. Andere gängige Systeme sind Nutri-Score (weit verbreitet in Frankreich und Belgien), das Schlüsselloch-Symbol (hauptsächlich in Schweden, Dänemark und Litauen) und das britische Ampelsystem.
Der Referenzmenge
Bei der Referenzmenge handelt es sich um eine nährstoffspezifische Kennzeichnung, die von FoodDrinkEurope entwickelt wurde. Sie gibt an, wie viel Energie und Nährstoffe (Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz) in einer Portion eines Lebensmittels enthalten sind und wie hoch der prozentuale Anteil an der empfohlenen Tageszufuhr ist. Das System wird in der gesamten EU verwendet, wobei der Einzelhandel in einigen Ländern (z. B. in Portugal und Spanien) eigene Versionen entwickelt hat, die die Referenzmenge durch eine Farbcodierung ergänzen.
Abb. 2 – Angabe der Referenzmenge (links) und portugiesisches Ampel-Etikett (rechts).
Der Nutri-Score
Nutri-Score ist ein System der Nährwertangaben, das auf dem Nährwertprofilmodell der britischen Food Standards Agency basiert und in verschiedenen Ländern verwendet wird, um Lebensmittel innerhalb der jeweiligen Produktgruppe zu vergleichen. Um den gesamten Nährwert zu berechnen, berücksichtigt der Algorithmus sowohl die „negativen“ (Zucker, gesättigte Fette, Salz und Kalorien) als auch die „positiven“ (Eiweiß, Ballaststoffe, Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Nüsse) Elemente pro 100 g bzw. 100 ml Nahrung.
Die Lebensmittel werden dann in fünf Farbkategorien eingeteilt, denen die Buchstaben A bis E zugeordnet sind, um Produkte mit höherer Nährwertqualität (dunkles und helles Grün) von solchen mit geringerer Nährwertqualität (Orange und Rot) zu unterscheiden. Der Nutri-Score kann (mit einigen Ausnahmen) auf abgepackte Waren angewendet werden und beruht auf sich leicht voneinander unterscheidenden Algorithmen für Getränke, Fette und Öle sowie Käse.2
Abb. 3 – Nutri-Score.
Das Schlüsselloch-Symbol
Das Schlüsselloch-Symbol ist ein Beispiel für einen „positiven Indikator“ bzw. ein „Gütesiegel“, das von der schwedischen Lebensmittelagentur entwickelt wurde und auch von einigen Lebensmittelherstellern in Dänemark, Litauen, Norwegen und Island verwendet wird. Das Logo besteht aus einem schlossförmigen grünen Symbol, das bei 32 Lebensmittelgruppen (z. B. Brot, Käse, Fertiggerichte usw.) die gesündere Wahl kennzeichnet.
Um das Schlüsselloch-Symbol tragen zu dürfen, müssen Lebensmittel bestimmte Bedingungen in Bezug auf den Fett-, Zucker-, Salz-, Ballaststoff-, Vollkorn-, Obst- und Gemüsegehalt erfüllen, die auf den Ernährungsempfehlungen der Nordischen Länder basieren. Insgesamt enthalten Lebensmittel, die mit dem Schlüsselloch-Symbol gekennzeichnet sind, weniger Zucker und Salz, mehr Ballaststoffe und Vollkornprodukte sowie weniger oder gesündere Fettarten als ähnliche Lebensmittel, die nicht mit diesem Symbol gekennzeichnet werden dürfen.4
Abb. 4 – Schlüsselloch-Logo.
Das freiwillige britische Ampelsystem
Das freiwillige britische Ampelsystem kombiniert Farbcodierung und Prozentangaben zur Referenzmenge in einem grafischen Format, das einer Ampel ähnelt. Es weist den Energiewert (Kalorien) sowie die Menge (in Gramm) an Fett, gesättigten Fettsäuren, Gesamtzucker und Salz pro Portion oder Lebensmittel aus. Mit den Farben Grün, Gelb und Rot wird die Menge dieser Nährstoffe pro 100 g/ml Lebensmittel/Getränke als „niedrig“, „mittel“ bzw. „hoch“ eingestuft, wobei der Prozentsatz der Referenzmengen berücksichtigt wird.
Die grünen (niedrigen) und gelben (mittleren) Schwellenwerte sind durch die EU-Verordnung 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben definiert, die eine Kennzeichnung von Lebensmitteln als fett-, zucker- und salzarm erlaubt. Der rote (hohe) Schwellenwert wiederum richtet sich danach, ob ein Lebensmittel pro 100 g/ml mehr als 22 % der Referenzmenge eines Nährstoffs enthält. Für Produkte, die in großen Portionen verkauft werden, gelten hierbei bestimmte Portionsgrenzwerte.2
Abb. 5 – Britisches Ampelsystem.
Was sind die Vorteile und Grenzen von FOP-Systemen?
Obgleich jedes System seine Vor- und Nachteile hat, zielen sie alle darauf ab, den Verbraucher*innen dabei zu helfen, die Unterschiede in der ernährungsphysiologischen Qualität der verschiedenen Lebensmittel zu erkennen.
Genau das ist der größte Vorteil der FOP-Kennzeichnung: Sie hilft den Verbraucher*innen bei einer gesundheitsbewussten Lebensmittelauswahl, denn die Kennzeichnung auf der Vorderseite der Verpackung findet mehr Beachtung als die Etiketten auf der Rückseite der Verpackung. Untersuchungen zeigen, dass die meisten FOP-Systeme die Verbraucher*innen bei der Auswahl gesünderer Produktoptionen unterstützen können, insbesondere, wenn auf den Etiketten eine Farbcodierung verwendet wird. Weniger klar ist, wie sich solche Systeme auf Kaufentscheidungen oder das Essverhalten auswirken. Da dies von einer Vielzahl von Faktoren abhängt, unter anderem von den Motivationen der Verbraucher*innen, den Produktpreisen und Rabatten sowie dem erwarteten Geschmack, sind weitere Untersuchungen erforderlich.2
Dennoch deuten die derzeitigen Erkenntnisse darauf hin, dass sich FOP-Systeme positiv auf die Lebensmittelauswahl auswirken können, insbesondere wenn ihre Einführung mit Sensibilisierungs- und/oder Kommunikationskampagnen einhergeht.2 Dies ist auch wichtig, um „grobe Vereinfachungen“ oder Fehlinterpretationen bezüglich der Bedeutung von FOP-Systemen für eine ausgewogene Ernährung zu vermeiden. So können diese beispielsweise leicht zu der Annahme verleiten, dass sich eine gesunde Ernährung auf eine beliebige Kombination von „positiv“ gekennzeichneten Produkten beschränkt oder dass als „grün“ gekennzeichnete Produkte in größeren Mengen verzehrt werden können, nur weil sie als gesünder gelten. Wie gesund ein einzelnes Lebensmittel ist, kann jedoch nicht isoliert von der Gesamternährung beurteilt werden, da die Auswirkungen auf die Gesundheit von weiteren Faktoren abhängen, z. B. davon, wie oft und in welcher Menge es verzehrt bzw. ob dies in Kombination mit anderen Lebensmitteln geschieht. Indem sie eine Orientierungshilfe bei der Auswahl bestimmter Lebensmittel innerhalb einer Lebensmittelgruppe bietet, stellt die FOP-Kennzeichnung letztendlich eine Ergänzung, aber keinen Ersatz für lebensmittelbezogene Ernährungsrichtlinien und die in ihnen enthaltenen Grundsätze für eine gesunde Ernährung dar.5
Außerdem sollen die FOP-Systeme den Lebensmittelherstellern einen Anreiz bieten, ihre Produkte so umzugestalten, dass sie eine bessere Bewertung erhalten, was wiederum der Industrie dabei helfen könnte, gesündere Produkte zu entwickeln. Die Umgestaltung sollte jedoch als Chance verstanden werden, den Nährwert eines Lebensmittels insgesamt zu verbessern (und nicht nur den Anteil der Nährstoffe, die gemäß den FOP-Systemen in besorgniserregenden Mengen vorhanden sind), wobei sichergestellt werden muss, dass die als Ersatz verwendeten Zutaten auch ernährungsphysiologisch wertvoller sind.6
Eine wesentliche Einschränkung, welche die Europäische Kommission mit ihrem harmonisierten FOP-System überwinden möchte, sind die unterschiedlichen Kriterien, nach denen Lebensmittel in den einzelnen Systemen als mehr oder weniger gesund eingestuft werden. Die meisten FOP-Systeme basieren auf Methoden zur Erstellung von Nährwertprofilen, die Lebensmittel nach ihrem Energiegehalt und ihrer Nährstoffzusammensetzung einstufen. Es gibt jedoch Unterschiede zwischen den einzelnen Systemen in Bezug auf die berücksichtigten Nährstoffe, die zur Festlegung der Punktzahlen herangezogenen Kriterien sowie die Frage, ob der verwendete Algorithmus an verschiedene Lebensmittelgruppen angepasst wurde oder für alle Gruppen gleichermaßen gilt. Die Vielfalt der Ansätze und Formate, die auf den Etiketten auf der Vorderseite der Verpackungen zum Einsatz kommen, kann zur Verwirrung der Verbraucher*innen beitragen und so den Nutzen solcher Systeme beeinträchtigen.2
Verweise
- Regulation (EU) No 1169/2011 of the European Parliament and of the Council of 22 October 2011 on the provision of food information to consumers.
- European Commission (2020). Report from the Commission to the European Parliament and the Council regarding the use of additional forms of expression and presentation of the nutrition declaration.
- EFSA (2022). Scientific Opinion on the scientific advice related to nutrient profiling for the development of harmonised mandatory front-of-pack nutrition labelling and the setting of nutrient profiles forrestricting nutrition and health claims on foods
- Swedish Food Agency. The Keyhole. Accessed on May 2022.
- Julia C, et al. (2022). Are foods ‘healthy’ or ‘healthier’? Front-of-pack labelling and the concept of healthiness applied to foods. Br J Nutr. 127(6): 948-922. DOI: 10.1017/S0007114221001428
- British Nutrition Foundation (2022). Bridging gaps in food labelling. Nutrition Bulletin 47:2–8. DOI: 10.1111/nbu.12239