Adipositas im Kindesalter durch kommunale Initiativen (CBIs) vorbeugen
Zuletzt aktualisiert : 28 August 2013Es ist weithin anerkannt, dass Vorbeugung der effizienteste und kostengünstigste Weg ist, um der Adipositas-Epidemie gegenzusteuern; die vielversprechendsten Ansätze zielen darauf ab, Gruppen statt Individuen anzusprechen, konzentrieren sich auf Umwelt- und Politikänderungen und erfordern bereichsübergreifende Antworten. Dieser Beitrag befasst sich mit bestehenden Initiativen von Gemeinden in Europa.
Veränderung des Verhaltens und der Umwelt
Die Ursachenforschung bei Adipositas ist komplex, und Essgewohnheiten und körperliche Betätigungen werden wahrscheinlich in einem frühen Lebensalter entwickelt. Ein zu Übergewicht neigendes Umfeld verführt zum Verzehr von zu viel Energie und hält von körperlicher Betätigung ab. Der Bedarf an Vorbeugungsmaßnahmen gegen Adipositas in der ganzen Bevölkerung hat zu hunderten kommunaler Initiativen (Community Based Initiatives / CBIs) in ganz Europa geführt.1
CBIs sind durch viele Faktoren bedingte Strategien, die darauf abzielen, Verhaltensänderungen herbeizuführen, und zwar durch Eingriffe, die sich sowohl auf individuelles Verhalten als auch auf die Umwelt konzentrieren. Die Änderung ungesunder Gewohnheiten erfordert die Änderung der Wahrnehmung, der Mikro-Umwelt (d. h. Schulen, Familien, Nachbarschaften) und der Makroumwelt (d. h. Erziehungs- und Gesundheitssysteme, Regierungen, Lebensmittelindustrie und die Haltungen und Überzeugungen der Gesellschaft) dergestalt, dass gesunde Verhaltensweisen vorherrschen.2 Eingriffe müssen so angepasst werden, dass sie zu den örtlichen Verhältnissen passen, deshalb führen fast alle CBIs eine Mischung örtlicher Strategien aus.1
Das Beispiel von EPODE
Ein Pilotprogramm in zwei Gemeinden in Nordfrankreich ergab, dass das Vorherrschen von Kinder mit Übergewicht in diesen Städten bestand (11,4 % im Jahr 1992; 8,8 % im Jahr 2004) und nicht in den Kontrollstädten (12,6 % im Jahr 1992; 17,8 % im Jahr 2004).3 Diese bereichsübergreifende Studie bewies nicht, dass durch die Eingriffe die Adipositas verringert wurde, aber sie führte zur Entwicklung von EPODE “Ensemble Prevenons l’Obesité Des Enfants”, was bedeutet “Lasst uns gemeinsam Vorbeugemaßnahmen gegen Adipositas bei Kindern ergreifen.”
EPODE ist eine koordinierte Vorgehensweise, die darauf abzielt, Kommunen in die Lage zu versetzen, Adipositas im Kindesalter zu bekämpfen und Vorbeugemaßnahmen zu ergreifen. Sie beruht auf vier Hauptsäulen:4
-
solider wissenschaftlicher Hintergrund, Bewertung und Verbreitung der Ergebnisse
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starker politischer Wille und Einbindung politischer Repräsentanten
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koordinierte Organisation und eine auf sozialem Marketing begründete Vorgehensweise
-
Vorgehensweise auf mehreren Ebenen, mit mehreren Stakeholdern [Interessengruppen], Einbeziehung der Öffentlichkeit und privater Partner
Hauptzielgruppen für EPODE sind alle Kinder von 0 bis 12 Jahren, unabhängig von ihrem jeweiligen Gewicht, und deren Familien. Ein örtlicher Projektmanager, ernannt von der örtlichen politischen Führung (z. B. dem Bürgermeister), der in der Lage ist, das Programm durchzuziehen, wird von einem zentralen Koordinationsteam geschult. Aufgabe des Projektleiters ist es, einen vielseitig zusammengesetzten örtlichen Lenkungsausschuss und eine Vielfalt örtlicher Interessengruppen zu mobilisieren, besonders in Schulen, außerschulischen Einrichtungen und sozialen Netzwerken von Verbänden und so die Kommune im Herzen des Systems zu verankern.
Die Ressourcen werden durch öffentliche Mittel und Mittel gemeinnütziger Einrichtungen sowie durch Unternehmen als Sponsoren unterstützt. 2008 hat das Europäische Generaldirektorium für Gesundheit und Verbraucher Mittel für die Entwicklung des europäischen EPODE-Netzwerks bereitgestellt, um die Einrichtung von CBIs in ganz Europa zu beschleunigen. Zurzeit beruhen mehrere CBIs in Europa auf der EPODE-Methode, und es gibt ähnliche Großprojekte in ganz Europa (Tabelle 1 zeigt einige Beispiele).1
Das Hauptproblem: Bewertung
Es gibt zunehmend Anhaltspunkte dafür, dass die CBIs ein effektiver Weg zur Vorbeugung gegen Adipositas im Kindesalter sein könnte, es besteht jedoch ein Bedarf an besserer wissenschaftlicher Bewertung.2,4 Die Bewertung der CBIs ist auf die Sammlung von Informationen angewiesen zu:4
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Prozess-Indikatoren (z. B. zentrale Partnerschaften, örtliche Meetings des Lenkungsausschusses)
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Output-Indikatoren (z. B. Zahl der örtlichen Aktionen, Teilnahme von Familien und Kindern)
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Ergebnis-Indikatoren (z. B. Änderungen in den Ernährungsgewohnheiten, in der körperlichen Betätigung, BMI [Body-Mass-Index], Wohlbefinden und Wissen)
Wegen Abweichungen in den Ergebnissen und in der Qualität des Studiendesigns ist es insgesamt schwierig, Interventionen zu vergleichen. CBIs, die über positive Ergebnisse berichten, sind in der Tabelle möglicherweise überrepräsentiert.1 Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass die Effektivität eines CBI, selbst bei Verwendung desselben Protokolls, wegen der Anpassung an die örtlichen Verhältnisse nicht einfach dupliziert werden kann. Das von der EU finanzierte Projekt IDEFICS (Identification and prevention of Dietary- and lifestyle-induced health EFfects In Children and infantS) wurde durchgeführt, um eine verlässliche, standardisierte Methode für die Beurteilung der Adipositas bei Kindern in weltweitem Maßstab bereitzustellen. Daten dieser Studie und weiterer laufender Studien werden in den kommenden Jahren untermauert werden. Weitere Überwachung und Forschung unter Verwendung konsistenter Methoden werden wertvolle Informationen über die effektiven Elemente der Vorbeugemaßnahmen gegen Übergewicht und Adipositas bei Kindern im Rahmen von CBIs liefern.
Bewertung ist ein wichtiges Instrument, um globale Akteure und politische Entscheidungsträger zu motivieren, CBIs auf nachhaltige Weise zu unterstützen, und der Prozess sollte eine optimale Balance zwischen wissenschaftlichen Standards und Praktikabilität darstellen.
Adipositas [Übergewichtigkeit] ist ein weltweites Problem, das eine globale Vorgehensweise erfordert, die örtliche Aktionen unterstützt. Die Verbesserung und Nachhaltigkeit von CBIs, zusammen mit qualitativ hochwertiger Überwachung, sollte eine globale Priorität sein.5
Literatur
- Bemelmans WJE, et al. (2011). An EU-wide overview of community-based initiatives to reduce childhood obesity. Bilthoven, The Netherlands: RIVM.
- Osei-Assibey G, et al. (2012). The influence of the food environment on overweight and obesity in young children: a systematic review. BMJ Open 2:e001538; doi:10.1136/bmjopen-2012-001538
- Romon M, et al. (2009). Downward trends in the prevalence of childhood overweight in the setting of 12-year school- and community-based programmes. Public Health Nutrition 12(10):1735-1742.
- Borys JM, et al. (2012). EPODE approach for childhood obesity prevention: methods, progress and international development. Obesity Reviews 13(4):299-315. EPODE International network website.
- EPODE International network website.
- Simon C, et al. (2008). Successful overweight prevention in adolescents by increasing physical activity: a 4-year randomized controlled intervention. International Journal of Obesity 32(10):1489-1498.
Anhang
Tabelle 1. Beispiele für CBIs in Europa
Land |
Akronym |
|
Start-jahr |
Zahl er-reichter Kinder1 |
Ergebnisse |
Belgiuen |
VIASANO |
|
2006 |
22,597 |
Die Überwachung lässt einen Rückgang (22 %) am Vorherrschen übergewichtiger Kinder bei Kindergartenkindern vermuten, die Ergebnisse bedürfen noch der Veröffentlichung in einer von Fachexperten überprüften Zeitschrift |
Frankreich |
EPODE (‘Ensemble Prévenons l'Obésité des Enfants' or ‘Lasst uns gemeinsam Vorbeugemaß-nahmen gegen Adipositas bei Kindern treffen’) |
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2004 |
973,386 |
Der Anteil von Kinder mit Übergewicht ging in zwei Pilotstädten von 11,4 % im Jahr 1992 auf 8,8 % im Jahr 2004 zurück (im Vergleich zu einem Anstieg von 12,6 % 1992 auf 17,8 % 2004 in den Kontrollstädten).3 |
Frankreich |
ICAPS (Intervention Centered on Adolescents’ Physical activity and Sedentary behaviour) [Intervention in Bezug auf körperliche Betätigung und Sitzverhalten von Erwachsenen] |
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2002 |
475 |
Vier Jahre nach dem Eingreifen durch ICAPS lebten 4,2 % der ursprünglich Jugendlichen ohne Übergewicht mit Übergewicht gegenüber 9,8 % der Jugendlichen, mit Übergewicht, in den Kontrollschulen.1,6 Der Eingriff durch ICAPS deutet auf einen positiven Einfluss hin, besonders bei den Jugendlichen, die ursprünglich nicht mit Übergewicht lebten. |
Griechen-land |
PAIDEIATROFI |
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2008 |
63,364 |
Weitere Informationen: |
Portugal |
MUNSI |
|
2009 |
|
Weitere Informationen: |
Rumänien |
SETS "Şi eu trăiesc sănătos" or “Ich lebe auch gesund!“ |
|
2011 |
30,000 |
Weitere Informationen: |
Spanien |
THAO |
|
2007 |
14,500 |
Weitere Informationen: |
Schweden |
Jönköping |
|
2004 |
80,000 |
Einem anfänglichen Rückgang des Übergewichtes nach 2 bis 3 Jahren schien ein anschließender Wiederanstieg zu folgen.1 |
Niederlande |
B.Slim: beweeg meer en eet gezond! (move more and eat healthy) |
|
2005 |
6650 |
Verbreitung von Übergewicht: hat sich seit 20061 stabilisiert |
Niederlande |
GO-Overvecht (Gezond gewicht Overvecht (GO)) |
|
2005 |
6500 |
Verbreitung von Übergewicht: 26 % (2004-2005) auf 20 % (2008-2009)1 |
Niederlande |
JOGG (Jugend bei gesundem Gewicht) |
|
2010 |
|
Weitere Informationen: |